Buchrezension: Convenienience Store Woman 

Keiko Furukura ist noch ein Kind, als ihr auffällt, dass die Menschen in ihrem sozialen Umfeld der Familie oder der Schule seltsam sind. 
Während alle Individuen zu wissen scheinen, welche Verhaltensweisen wann und wo an den Tag gelegt werden müssen, ist dieses intuitive Verhalten Keiko fremd. Mal handelt sie zu viel und muss Konsequenzen fürchten und mal handelt sie zu wenig und erlebt Abneigung und Missgunst.
Ein Mensch wird geboren und wird damit direkt Teil einer Gesellschaft sowie ihrer Normen. Ein Studium mit anschließendem festem Job, Kinder, einen Ehemann sind jedoch alles Dinge in denen die Protagonistin keinen Sinn, keine Notwendigkeit für sich sieht.
Verloren im Studium und allein in einer Gemeinschaft, der sie nicht gerecht werden möchte, nicht gerecht werden kann, kommt es, dass Sie auf eine Stellenausschreibung, für eine Teilzeitstelle in einem Convenience Store stößt. 
Der Laden, die geordnete Umgebung und die Einheitlichkeit der Arbeiter:innen fasziniert sie und gibt ihr erstmals ein Gefühl der Begierde ein Teil von etwas sein zu wollen.
Kurzerhand bewirbt sie sich und wird mit 18 Jahren angestellt.

 

Die Handlung

Im Convenience Store arbeiten zu wollen, bedeutet für Keiko das Absolvieren eines spezifischen Trainingsprogrammes, in  welchem sie lernt, mit den Kunden zu interagieren und den Laden bestmöglich darzustellen.
All ihr Handeln wird genauestens überprüft und bei Fehlern entsprechend verbessert, doch genau das ist es, was Keiko ein Gefühl der Geborgenheit verschafft. Das erste Mal in ihrem jungen Leben schafft es Jemand ihr nicht nur ihre Verfehlungen vorzuhalten, sondern ihr genaustens zu erklären, wie sie sich angemessen zu verhalten hat.
Wie sie Teil der Gesellschaft sein kann.
Keiko Furukura ist inzwischen 36 Jahre alt. Während sie ihr Studium beendet hat, ist die Arbeit im Convenience Store auch weiterhin eine Konstante in ihrem Leben, doch für ihre Familie, die sie in ihren Anfängen als Berufstätige bestärkt hat und sogar stolz auf sie war, ist die Arbeit in dem Laden nun das, was sie an ihr kritisieren.

Der Job könne sie auf Dauer nicht erfüllen, sie müsse sich nun einen Mann suchen und solle auch schon an Kinder denken; sind dabei die größten Punkte, welche immer wieder von ihren Angehörigen adressiert werden.
Doch Keiko ist zufrieden mit ihrem Leben. Die Arbeit im Laden gibt ihr etwas, was sie bisher aus keiner Instanz für sich gewinnen konnte. Das Gefühl von Stabilität und das Bewusstsein ein wichtiger Teil von etwas zu sein. Sie arbeitet für den Convenience Store; sie ernährt sich aus dem Convenience Store; sie macht Sport für ihn, sie schläft für ihn, sie amtet für ihn und wird dafür von ihm mit einem Sinn erfüllt.

Im Verlaufe des Romans gibt Keiko irgendwann den Druck der Gesellschaft nach und geht eine Beziehung ein, begibt sich auf die Suche nach einer Stelle für die sie eigentlich studiert hat und äußert den Wunsch nach Nachkommen. 

Doch kann sie das Langfristig glücklich machen?

 

Welche Eindrücke habe ich als Leserin gewonnen und was nehme ich mit?

Unsere Gesellschaft sagt uns, dass wir Glücklich sein sollen, schreibt uns allerdings von Geburt an vor, wie wir es werden sollen. Wir finden uns also eingesperrt in ein Konstrukt wieder, aus dem wir nicht entkommen können, ohne irgendeinen anderen Teil des Ganzen unglücklich zu machen.

Oft handeln wir instinktiv gegen das, was uns glücklich machen würde, weil wir es glauben, besser für uns zu wissen. Doch sind es wirklich wir, die es besser wissen oder ist es Das Hamsterrad der Gesellschaft, dessen Rotation wir nicht entfliehen können?
Mit dem Roman von Sayaka Murata drückt die junge Autorin genau diesen Umstand aus. Das stetige Verlangen danach etwas zu entsprechen, entfremdet uns unserer Selbst und nimmt uns langfristig die Fähigkeit uns selbst gerecht zu werden.